Streiten, das Täter-Opfer Spiel
Viele Paare sind allein schon dadurch zu Experten im Streit geworden, weil sie über Jahre hinweg die Gelegenheit hatten, ihre Eltern zu beobachten. Nun ist es jedoch so, dass jede neue Generation ihren eigenen Beitrag dazu leisten möchte, und so wendet man in der Ehe sehr viel Zeit auf, um neue Erfindungen zu entwickeln.
Streitigkeiten bieten sich gewissermaßen als natürliches Mittel an, um eine Ehe lebendig zu halten. Wichtig ist, dass in einer Art gestritten wird, die nichts verändert. Sollte eine Sache nämlich wirklich bereinigt sein, muss ein neuer Anlass gefunden werden, um beim nächsten Mal wieder etwas zum Streiten zu haben und so fort.
Die meisten Paare haben jedoch weder die Energie noch die Phantasie, kontinuierlich neue Streitpunkte zu entwickeln. Daher ist es empfehlenswert, sich auf ein paar ungelöste Probleme zu beschränken und diese während der ganzen langweiligen Ehe hindurch zu bearbeiten.
Es gibt zwei Möglichkeiten, einen Streit so zu beenden, dass er immer wiederkehrt; entweder sich zurückzuziehen und zu schmollen oder ihn eskalieren zu lassen, so dass der Streit mit Schock und Verwirrung endet, aber nichts gelöst ist.
Öffentlichere Streitigkeiten erstrecken sich von Gewalt und verbalem Missbrauch bis zu Trotz, Schweigen und Rückzug. Rückzug ist die beste Art, eine Auseinandersetzung so zu beenden, dass sich nichts verändert.
Zieht sich das Paar bei jedem Streit schweigend zurück, können schreckliche Dinge viele Jahre lang genährt und erhalten werden. Manchmal besteht das Problem darin, den Rückzug so zu beenden, dass das Paar wieder streiten kann.
In extremen Fällen kann es vorkommen, dass die Partner ihre Trotzhaltung erst aufgeben und wieder miteinander zu sprechen beginnen, weil sich das Kind ein Bein gebrochen hat oder ein Erdbeben ausbricht.
Viele Dinge können über einen Großteil der Ehezeit hinweg unerledigt bleiben. Den Rekord hält eine Frau, die ihrem Mann die Art vorwarf, wie er bei der Eheschließung „Ja, ich will” gesagt hatte, und die sich aus diesem Grund während ihrer ganzen Ehe weigerte, mit ihm zu reden.
Die andere Möglichkeit, die einem Paar zur Verfügung steht, um einen Streit am Laufen zu halten, ohne dass irgendetwas gelöst wird, ist die Anwendung von Gewalt. Die Annahme, dass nur bestimmte Leute gewalttätig werden, scheint nicht der Realität zu entsprechen. Es prügeln sich sogar Paare, die Pazifisten und nett zu Tieren sind.
Natürlich können Schläge, die Spuren hinterlassen, die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich ziehen; daher sollte man mit Gewalt vorsichtig und überlegt umgehen. Am besten fängt man klein an, zum Beispiel mit einem Puff gegen den Arm, um dann die Schläge immer mehr zu verstärken, so dass es eine Sache von Monaten ist, bis die Nasen gebrochen sind.
Bei Brutalität ist es wichtig, jedes Mal einen Schritt weiterzugehen: Jeder Zug wird so lange ausprobiert, bis sich das Paar daran gewöhnt hat, ihn anzuwenden. Dann erscheint der nächste Misshandlungsschritt nicht mehr so groß. Das Paar, das in dieser Art eskaliert, wundert sich möglicherweise, wenn die Nachbarn angesichts von Blut und gebrochenen Knochen geschockt sind.
Ein Beispiel mag das verdeutlichen. Es waren einmal: Ein Doktor der Biologie und seine Frau, eine diplomierte Mathematikerin, pflegten sich Samstagnacht immer zu betrinken und zu schlagen. Die Vorstellung, Bildung mache die Menschen friedfertiger, ist eine Illusion; sie eröffnet im Gegenteil sogar neue Wege, die anderen nicht zur Verfügung stehen.
Beispielsweise sind solche Leute versiert im Unterrichten, und so bringt dieser Ehemann seiner Frau das Boxen bei. „Das ist ein linker Haken”, sagt er und schlägt zu. „Das ist ein rechter Treffer.” Sie können auch ihr Wissen über die Anatomie ausnützen, um beim anderen dorthin zu schlagen, wo es am meisten wehtut und man die Folgen am wenigsten sieht. So schlägt ihm die Frau dann in die Nieren.
Natürlich beschuldigt in dieser Situation jeder jeden für das, was passiert. Die Frau sagt, ihr Mann sei ein Waschlappen, der sich nach Alkoholkonsum in ein Monster verwandelt. Er sagt, sie würde ihn provozieren, weil sie sich beschwert, er schlüge sie immer „aus heiterem Himmel”.
Eines Tages verkündet der Ehemann, er hätte sich entschlossen, die Angewohnheit, seine Frau zu schlagen, aufzugeben. Er schwört, sich nicht mehr zu Gewalthandlungen provozieren zu lassen.
An einem folgenden Samstag sagt sie etwas Beleidigendes zu ihm, und er entgegnet, er wolle keinen Streit und verlässt den Raum. Wie er berichtete, folgte sie ihm und fuhr fort, ihn anzuschreien. Er zog sich in die Diele zurück. Sie verfolgte ihn. Er ging ins Schlafzimmer und schloss die Tür. Sie hämmerte gegen die Tür und schrie. Schließlich brach sie die Tür auf und verfluchte ihn. Da schlug er sie „aus heiterem Himmel”.